Donnerstag, 2. Juli 2015

Die beste Hilfe bei depressiven Episoden...oder warum Freunde wertvoll sind

Stimmung ist beeinflussbar, das ist die Lieblings -Aussage meines Therapeuten und auch wenn ich diese Aussage liebend gerne mal anzweifele, muss ich ja zugeben, er hat recht :)

Es gibt diese Zeiten, in denen einem alles über den Kopf wächst, in  denen man sich selbst mit den kleinsten Dingen überfordert und ungeliebt fühlt, Zeiten, in denen man sich die Decke über den Kopf ziehen und nie wieder aufstehen will. In solchen Zeiten ist es extrem schwierig für andere irgendwas richtig zu machen, den man legt sowieso alles auf die Goldwaage, alles fühlt sich falsch an, nichts ist mehr sinnvoll. Ein Teufelskreis, nicht nur für den Betroffenen selbst, auch für sein Umfeld.

Dieser Teufelskreis hat einen namen: Depression.

Ein Portfolio dessen, wie Außenstehende Depressionen häufig wahrnehmen, zeigt sich anhand folgender Kommentare sehr gut:

"Stell Dich nicht so an, das wird schon wieder"
"Du kannst doch nicht für immer traurig sein"
"Aber Du bist doch sonst immer so fröhlich"
"Ist irgendwas passiert?"
"Kopf hoch, es kommen auch wieder bessere Tage"

Ja, es gibt viele gut gemeinte oder auch mal weniger nette Kommentare, die man als Betroffener zu hören bekommt, auch wenn man gut und gerne darauf verzichten könnte.

Was viele bei diesen Kommentaren leider vergessen ist folgendes: Depressionen brauchen nicht zwingend einen schwerwiegenden Grund als Auslöser und manchmal schafft man es trotz langjähriger Erfahrung und Therapie die Ursachen erfolgreich zu übersehen bzw. zu verdrängen.
Mir gelingt das immer mal wieder ganz gut doch meistens bekomme ich die Kurve rechtzeitig, lande also maximal in einer leichten depressiven Episode, naja, meistens wie gesagt.

Dieses Mal habe ich es geschafft, mich so richtig tief reinzufressen, ging mir ja auch zu lange zu gut, wäre ja sonst langweilig - Achtung: Ironie!

Ich hab also dieses Mal alles mitgenommen, von der Antriebslosigkeit über Selbstvorwürfe, Konzentrationsstörungen, Schlaflosigkeit, Erschöpfung, Traurigkeit, Appetitlosigkeit, Unsicherheit, Angst, innere Unruhe, Zittern, usw. alles war vertreten und ich bin arbeiten gegangen, bis mein Körper eines Morgens sagte: ES REICHT! Wenn man mit einem vollkommen schmerzerfüllten Körper erwacht, weiß man, dass es nun an der Zeit ist zu handeln.

Ich hab mich also mittags zum Arzt geschleppt (vorher ging es schlichtweg nicht, da ich mich kaum bewegen konnte) und wurde aufgrund einer mittelschweren depressiven Episode für 1,5 Wochen krank geschrieben. Nun war ich also an einem der Punkte angekommen, die einerseits erforderlich und andererseits doch ängstigend waren, denn so lange zu Hause, kein Therapietermin in Aussicht und die große Frage: Was stelle ich an um mich aus diesem Tief zu holen und wie zur Hölle schaffe ich es alleine?

Warum alleine? Weil ich eigentlich davon ausgegangen bin, dass keiner wirklich unter der Woche Zeit hat und außer den fixen Terminen wie Sneak mit Freunden und Zumba mit der besten Freundin so gar nix laufen wird.

Weit gefehlt, zum Glück ;)

Was wäre die Welt ohne Freunde? Ohne jene Menschen, die dafür sorgen, dass Du lachen, weinen, einfach Du selbst sein darfst? Wertlos wäre sie! Und umso wertvoller ist sie, wenn man solche Freunde hat wie ich. Ich könnte manchmal vor Dankbarkeit heulen, denn ich habe tatsächlich eine ganz besondere Truppe um mich herum.

Egal ob gemeinsam lautstark bei tollen Filmen oder über die ganz schlechten Filme lachen, egal ob nach dem Kino noch hundemüde mindestens bis Mitternacht quatschen, Kinderfeste besuchen nur um einen lieben Kumpel mit einem Muffin zu erheitern, beim Zumba zu miauenden Songs und gefühlten 40°C Hallentemperatur die Seele aus dem Leib tanzen, danach stundenlang im Auto sitzen und reden, die Venus Merkur Konjunktion gemeinsam beobachten, bei 30°C im Schatten 3 Stunden lang verzweifelt und doch immer lachend ein Mohnfeld suchen ohne es zu finden, bei 35°C ein maues Mohnfeld finden und feststellen, dass es trotz der Hitze lustig ist, erstmal eine Runde in Absatzschuhen und Ballerinas durch den Wald zu kraxeln um dann anschließend für ein paar Fotos ins Feld zu hüpfen, oder als krönendes Highlight am nächsten Morgen um 6 Uhr aufzustehen und mit Freunden und einer sehr kooperativen Schimmeldame in einem vollauf blühenden Mohnfeld beim Fotoshooting zuzusehen.

Das klingt jetzt alles wahrscheinlich zu gut um real zu sein, zu sehr nach Urlaub, statt nach krank sein, aber all das sind Gründe, warum ich trotz aller depressiven Episoden doch nie komplett aufgegeben habe, denn es sind genau diese Momente, die mir zeigen, dass Stimmung tatsächlich beeinflussbar ist.
Statt alleine zuhause zu sitzen, haben mich Freunde geschnappt und vor die Tür geschleift, mir Perspektiven gezeigt, mir zugehört, mich abgelenkt, mich auf andere Gedanken gebracht.
Es gab auch in diesen Tag immer wieder Momente, in denen ich abzudriften drohte, in denen das Grübeln, die Angst, die Traurigkeit allgegenwärtig waren aber sie haben mich nicht beherrscht und ich habe vor Augen geführt bekommen, wie sehr Stimmung beeinflussbar ist.

Wir Menschen neigen so oft dazu zu vergessen, wie wertvoll Freundschaft ist, das gemeinsame Zeit niemals vergeudete Zeit ist.
Ich selbst gehöre zu der Sorte Mensch, die gerade im Anschluss an eine solch erlebnisreiche Zeit dazu neigt in ein Loch zu fallen, sobald mal gerade niemand Zeit hat und ich vergesse dann leider auch, dass auch ich ab und an mal einen Tag für mich selbst benötige. Dabei ist genau diese Zeit mindestens genauso wichtig, denn auch Regeneration braucht der Körper und 24/7 aufeinander hängen hält auf Dauer selbst die beste Freundschaft nicht aus.

Mein Plan daher ab sofort: ein Wandkalender :)

In diesem Kalender werden ab sofort alle Verabredungen fest gehalten, egal ob regelmäßige Termine wie die Sneak, der gemeinsame Sport, Wochenendtreffen mit den besten Freunden oder spontane Aktionen wie Konzerte, Friseurtermine (denn die sind gut für die Seele) oder auch Grillpartys mit Freunden. Auch Therapietermine und Auszeiten sollen ihren Weg in diesen Kalender finden, denn wenn wir eins in dieser Woche auch aufgefallen ist, dann dass ich seit Tagen ein entspanntes Bad nehmen will und es bis heute nicht geschafft habe, ergo müssen ab sofort einfach Wellness- Termine festgehalten werden, denn Kompromisse sollten nicht beim eigenen Wohlbefinden anfangen.

Um zu der einleitenden Behauptung zurück zu kommen: JA, Stimmung ist beeinflussbar! Manchmal muss man sich das einfach vor Augen halten und wenn man selbst dazu nicht in der Lage ist, braucht man schlichtweg die richtigen Freunde. Wenn man solche Freunde hat, sollte man immer mal wieder innehalten und Dankbarkeit zeigen, das kann auf so viele Arten geschehen, manchmal sind es die kleinen Dinge, die den Menschen um uns herum zeigen, wie wichtig sie uns sind.

Ich werde mich hüten, meine Lieben hier alle einzeln aufzulisten, denn ich zeige meine Dankbarkeit gerne persönlich. Sollte jedoch eine(r) von euch diesen Text gelesen und sich wiedererkannt haben, lass Dir eins gesagt sein: DANKE DASS ES DICH GIBT!

Als kurzes Outtake zu diesem Text, gibt es hier zwei der erwähnten wunderbaren Momente.

Danke an Nena für das Einfangen dieses befreienden Lachens ;)

Ein Smartphoneschnappschuss, denn die Profis waren im Feld ;)

3 Kommentare:

  1. Hallo Ivi, wusste nicht dass du so toll schreibst. Freue mich für dich, dass es dir nun besser geht.
    Aber was macht man, wenn man kaum Freunde hat und auch sonst keine Unterstützung bekommt? Die Freundin die man hat, leider selbst zu viel um die Ohren hat. Aber ehrlich, ich freue mich sehr für dich, dass du es geschafft hast.
    LG Carina

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  2. Liebe Carina, danke für die Lieben Worte. Das mit dem Schreiben ist bei mir sehr intuitiv, manchmal klappt es einfach ;)
    Zu Deiner Frage: Mir ging es lange ähnlich, ich hatte zwar immer irgendwie Menschen die für mich da waren, aber sie wohnten weit weg oder hatten keine Zeit. Man fühlt sich in solchen Momenten allein gelassen und hilflos, auch wenn man es eigentlich nicht ist, denn wichtig ist, zu erkennen, dass man Unterstützung manchmal einfordern muss und zu wissen, dass es Dein gutes Recht ist, um Hilfe zu bitten. Sei es nun im Freundeskreis oder im therapeutischen Bereich, manchmal muss man selbst den ersten Schritt gehen, damit sich der Weg deutlich macht. :)
    Ich habe Dich als freundlichen und offenen Menschen kennengelernt, lass Dir diese Eigenschaften von niemandem ausreden! :)
    LG, Ivi

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    1. Ich danke dir, leider ist es nur wirklich so, das selbst das Fragen nach Hilfe bei Freunden und Familie auf wenige offene Ohren stößt oder gar auf Lästerei und Hohn trifft.

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